Die Grundlagen der Insolvenzanfechtung
Forderungsmanagement leicht gemacht, Erfolgreich im B2B
Insolvenzanfechtung einfach erklärt
Nach Zahlung offener B2B-Rechnungen schließt man in der Regel mit den Forderungen ab. Haken dran! Erreicht Sie dann unerwarteterweise ein Brief vom Insolvenzverwalter, kann es zu einer unangenehmen Überraschung kommen: Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung werden geleistete Zahlungen zurückgefordert. Ist das überhaupt erlaubt? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? In diesem Beitrag erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen und wie Sie sich effektiv schützen.
Was passiert bei einer Insolvenzanfechtung?
Kurz vor einer Insolvenz versuchen betroffene Schuldner häufig, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und den weiteren Bestand des Unternehmens zu retten. Werden dadurch Gläubiger benachteiligt, können geleistete Zahlungen unter gewissen Voraussetzungen vom Insolvenzverwalter zurückgeholt werden. Ziel der Insolvenzanfechtung ist es, die Vermögenswerte in das Unternehmen bzw. in die Insolvenzmasse zurückzuführen und dann entsprechend der Ansprüche der Gläubiger gerecht zu verteilen.
Dies führt bei laufenden Geschäftsbeziehungen teilweise zu einem erheblichen Anfechtungsvolumen und damit – manchmal erst Jahre später – zu einem erheblichen Ausfall auf Seiten der betroffenen Gläubiger.
Zweck der Insolvenzanfechtung
Ein Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, das verbliebene Vermögen gerecht, d. h. quotal nach dem Verhältnis der Beträge der Forderungen der Gläubiger zu verteilen. Üblicherweise reicht das Vermögen nicht mehr aus, um die Gläubiger vollständig zu befriedigen.
Um die Masse gerecht zu verteilen, prüft der Insolvenzverwalter, ob es vor Insolvenzantrag Vermögensverfügungen des Schuldners gegeben hat, die einzelne Gläubiger benachteiligen.
Bei der Insolvenzanfechtung soll das schuldnerische Vermögen nun gleichmäßig auf alle Insolvenzgläubiger verteilt werden. Somit sollen nicht die vermeintlich wichtigeren Vertragspartner zuerst eine Erstattung ihrer Forderungen erhalten, bevor weitere Gläubiger bedient werden. Ohne eine geregelt gleichmäßige Verteilung passiert das schnell zum Erhalt wirtschaftlich relevanter Geschäftsbeziehungen.
Anfechtbare Rechtshandlung
Erfolgen Zahlungen oder unentgeltliche Leistungen des Schuldners an einzelne Gläubiger kurz vor oder nach der Insolvenz, hat der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Insolvenzanfechtung nach den §§ 129-147 der Insolvenzordnung (InsO).
Anfechtbare Rechtshandlungen:
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Es können nur Rechtshandlungen angefochten werden, die zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger geführt haben. Meist sind die Zahlungen auf eine Verbindlichkeit an einen einzelnen Gläubiger, aufgrund derer andere Gläubiger benachteiligt werden.
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Aber auch unentgeltliche Leistungen können eine Benachteiligung begründen. Unentgeltliche Leistungen sind Schenkungen, Rechteüberlassungen oder unentgeltliche Verträge, die Vermögen aus der Insolvenzmasse entnehmen, wie zum Beispiel der Verkauf eines Firmenfahrzeuges zu einem Preis unterhalb des Marktwertes.
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Auch die Übernahme fremder Verbindlichkeiten oder der Abschluss eines finanziell äußerst ungünstigen Vertrags können anfechtbare Rechtshandlungen sein.
Wann kann eine Insolvenzanfechtung getätigt werden? – die wichtigsten Anfechtungsgründe im Einzelnen
Das deutsche Insolvenzrecht bietet Anfechtungsmöglichkeiten gemäß der Insolvenzordnung (InsO). Die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO gestattet die rückwirkende Anfechtung von bis zu vier Jahren, sofern der Schuldner zahlungsunfähig war und seine Handlung die Gläubiger benachteiligte. Entscheidend ist, ob der Gläubiger von der drohenden oder bereits eingetretenen Insolvenz wusste. Kongruente (§ 130 InsO) und inkongruente Deckungen (§ 131 InsO) beziehen sich auf vertragsgemäße Leistungen vor dem Insolvenzantrag. Kongruente Deckungen sind anfechtbar, wenn der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit wusste; inkongruente umfassen Leistungen, die nicht vertragsgemäß waren und im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag erfolgten.
Ausgenommen von der Anfechtung nach § 142 InsO sind "Bargeschäfte", in denen gleichwertige Leistungen innerhalb eines engen zeitlichen Rahmens ausgetauscht werden. Solche Geschäfte sind nur unter bestimmten Bedingungen anfechtbar, insbesondere wenn unlauteres Handeln trotz Gleichwertigkeit vorliegt und der Empfänger dies erkennt.
Die Rechtsfolge einer erfolgreichen Anfechtung ist die Rückgewährung erhaltener Leistungen durch den Gläubiger. Gleichzeitig erwacht die anfechtbare Forderung zum Leben und kann zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Dies dient der gerechten Verteilung von Vermögenswerten unter den Gläubigern, um eine gleichmäßige Befriedigung ihrer Forderungen zu gewährleisten.
Indizien für eine mögliche Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
Für Gläubiger ist es nicht immer einfach, eine drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu erkennen. Es gibt jedoch Indizien im Verhalten von Schuldnern, die einzeln oder in der Gesamtschau gewisse Hinweise geben können:
- Ständiges Vorsichherschieben von überfälligen Verbindlichkeiten
- Ständige Mahnungen/erfolglose Vollstreckungsversuche
- Androhung/Durchsetzung von Liefersperren
- Rückgabe von Lastschriften
- tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten
- Nichtzahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, Löhnen, Mieten
- eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können
- Nichteinhalten von Zahlungszusagen
Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz gegen die Anfechtung einer bereits erhaltenen Zahlung
Die Insolvenzanfechtung kann mit hohen Kosten und einem erheblichen Zeitaufwand verbunden sein. Betroffene Gläubiger müssen möglicherweise Anwälte hinzuziehen und Gerichtsverfahren durchlaufen, um ihre Interessen zu verteidigen, was zu erheblichen finanziellen und zeitlichen Belastungen führen kann.
Atradius vermittelt einen Anwalt, den der Anfechtungsgegner beauftragt, sofern bei uns eine Versicherung abgeschlossen ist.
Eine sorgfältige Due Diligence und die Einhaltung von Vertragsbedingungen können dazu beitragen, das Risiko einer Anfechtung zu minimieren.
Folgende Maßnahmen können helfen, das Anfechtungsrisiko zu verringern:
- Schriftliche Korrespondenz mit dem Schuldner über dessen finanzielle Situation vermeiden, im Zweifel “neutrale” Kommunikation verwenden. Informationen nur telefonisch austauschen.
- Korrespondenz mit dem Insolvenzverwalter über den Schuldner vermeiden.
- Vereinbarte Zahlungsmodalitäten sollten eingehalten werden, keine Zahlung tätigen, die noch nicht fällig ist. Diese könnte als anfechtbar eingestuft werden.
- Bei Zahlungsschwierigkeiten für künftige Geschäfte auf Vorkasse umstellen, um Leistungsaustausch als Bargeschäft qualifizieren zu können, welches nicht anfechtbar ist.
- Frühzeitig und zügig vollstrecken, keine vorherigen diesbezüglichen Drohungen gegenüber dem Abnehmer äußern.
Immer sinnvoll:
- Optimierung des Kundenportfolios im Rahmen der Zusammenarbeit mit Anbietern von Kreditversicherungen wie Atradius
- Informationen zum Vertragspartner über Dritte, z.B. über Creditreform oder Atradius einholen.
- Leistung absichern durch die Vereinbarung von Eigentumsvorbehaltsrechten oder Vereinbarung von anderen Sicherheiten, wie z.B. Bankbürgschaften.
Schutz gegen Forderungsausfall bei Insolvenzanfechtung
Fordert ein Insolvenzverwalter eine bereits erhaltene Zahlung zurück, ist eine Warenkreditversicherung der beste Weg, um einer Involvenzanfechtung zu begegnen und sich gegen den Forderungsausfall zu schützen.
Atradius hat in Kombination zu einer allgemeinen Warenkreditversicherung eine Versicherungslösung entwickelt, die Lieferanten in der Abwehr gegenüber dem Insolvenzverwalter begleitet und ihnen bei einer Zahlungsverpflichtung den Schaden ersetzt.
Der Deckungsschutz umfasst For
derungen, die bezahlt waren und aufgrund einer Anfechtung und Rückzahlung an den Insolvenzverwalter wieder aufleben und somit “unbezahlt” sind.
Atradius schützt diese Forderungen rückwirkend für 10 Jahre.
Dabei kann die Höhe nach unterschiedlichen Deckungssummen ausgewählt werden.
Und – last but not least – beteiligt sich Atradius auch erfolgsabhängig an den Anwaltskosten zur Schadenabwehr.
Insolvenzanfechtung – FAQ
Bezieht sich eine Insolvenzanfechtung nur auf Zahlungen?
Nein, auch andere Rechtshandlungen wie die Umschreibung von anderen Vermögensgegenständen wie Immobilien, Grundstücken oder Maschinen können einer Insolvenzanfechtung unterliegen.
Aus welchem Zeitraum kann eine Zahlung angefochten werden?
Die Frist, um eine Anfechtung zu erklären, variiert je nach Anspruchsgrundlage. In den meisten Fällen beträgt sie vier Jahre. Selten kann sie aber auch bis zu zehn Jahre betragen.
Gibt es eine Verjährungsfrist für Ansprüche aus einer Insolvenzanfechtung?
Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hat der Insolvenzverwalter drei Jahre Zeit, die Anfechtung von Rechtshandlungen zu erklären. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Was, wenn ich nichts von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste?
Zunächst wird Ihnen der Insolvenzverwalter unterstellen, dass Sie von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wussten. Später muss der Insolvenzverwalter dies beweisen. Eine anwaltliche Begleitung ist dringend anzuraten.
Auf der folgenden Seite erhalten Sie Informationen zum Insolvenzanfechtungsschutz von Atradius.